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Aufbau regionaler Wertschöpfung. Wer fordert was?

Seit Mai 2023 gehen wir der Frage nach, wer innerhalb regionaler Wertschöpfungsräume welche Art von logistischer und digitaler Unterstützung benötigt, um mehr regionale und im besten Fall nachhaltig erzeugte Produkte weiterzuverarbeiten, zu transportieren und zu beschaffen.


Im Sommer 2023 haben wir durch eine Online-Umfrage unter Großküchen über 40 Antworten gesammelt sowie mehr als 20 Einzelinterviews geführt. Zudem fließen die Erkenntnisse aus dem Workshop zum Thema "Regionale Lebensmittellogistik" (2019) sowie dem Runden Tisch "Marktplatz Regionale Logistik" (2021) ein. Die Ergebnisse fassen wir in diesem Beitrag für Euch zusammen.


Mehr Regionalität erwünscht

Eigentlich wünschen sich alle mehr Regionalität in der Gemeinschafts- bzw. insgesamt in der Außer-Haus-Verpflegung. Die Umsetzung ist in der betrieblichen Praxis jedoch nicht so einfach: Kantinengäste treffen ihre Auswahl eher aus dem Bauch heraus, ohne über die Herkunft der Produkte nachzudenken. Die Küchen kaufen in der Regel über den Großhandel ein, da dies mit wenig Aufwand möglich ist und die Ware meist zuverlässig gebracht wird. Die Herkunft der Produkte ist dabei in der Regel von geringerer Bedeutung, oberste Priorität die pünktliche Anlieferung in erwarteter Qualität. Die regionale Beschaffung beschränkt sich oft auf einzelne Produktgruppen wie Kartoffeln, Fleisch, Gemüse und Salat. Etwa mehr als die Hälfte der Befragten Betriebe würden gerne regionaler einkaufen. Wichtige Voraussetzungen dafür sind, dass die Beschaffung einfacher ist, die Qualität stimmt und die Belieferung sichergestellt ist.


Was brauchen Küchen, um regionaler einzukaufen?

Die meisten Küchen leiden heute an Personalmangel und -engpässen. Aus diesem Grund brauchen viele Küchen heute vorverarbeitete Ware – in unseren Gesprächen und der Analyse der Umfrage hat sich bestätigt, was wir vermutet haben: Je größer die Küche, desto mehr vorverarbeitete Ware wird benötigt.

Aber auch der Ausbildungsgrad in der Küche spielt eine Rolle. So können Köchinnen und Köche teilweise mehr unverarbeitete Ware verarbeiten als Hauswirtschafler:innen. Personal mit intrinsischer Motivation, den Kindern bzw. Gästen einen hohen Anteil frisch zubereiteter Speisen auf die Teller zu bringen, sind oft kreativer und mutiger, neue, regionale Rezepturen und Prozesse auszuprobieren.

Wichtig sind auch die Erfahrungen und das Wissen des Personals sowie die eigene Definition von Qualität. So schwört ein Koch auf Tiefkühlgemüse, weil es sofort nach der Ernte eingefroren worden ist und somit viele Vitamine enthält und die Köchin geht am liebsten in den Supermarkt, weil sie dort die Ware vor dem Kauf selbst begutachten kann.

Regionalität wird unterschiedlich definiert und erstreckt sich auf einen geografischen Raum von 30 („um die Ecke“) bis 2.000 km („Hauptsache Europa“). Relevant ist auch die Verpackungsgröße der zu beschaffenden Produkte – Großgebinde sind oft wichtiger als regionale Ware, sowohl aufgrund einfacheren Handlings als auch um Müll zu sparen.

Von einer digitalen Hilfe wünschen sich die Betriebe mehr Transparenz über vorhandene Produkte in der Region, einfach durchführbare Sammelbestellungen, auch von verschiedenen Erzeuger:innen sowie das Anzeigen regionaler Verfügbarkeiten aufgrund der eigenen Menüplanung.

Gleichzeitig spielt die gebündelte Anlieferung der Ware, also von so wenigen Lieferanten wie möglich, eine besonders große Rolle bei den Küchen. Auch kurzfrische Anlieferungen, feste Lieferzeitfenster und regelmäßige Lieferungen sind wichtig, denn nur wenige Küchen haben große Lagermöglichkeiten.


Was brauchen Erzeuger:innen & Verarbeiter:innen, um ihre Ware regional zu vermarkten?

Aus Erzeuger:innensicht wird insbesondere eine längerfristige Planbarkeit des Anbaus hervorgehoben, außerdem wird wenig Abnahme im Bereich des Wintergemüses und der Hülsenfrüchte bemängelt. In einem regionalen Netzwerk würden sie sich wünschen, mehr Optionen für den Umgang mit Schwemmen zu finden – was tatsächlich auch gut zu einzelnen Angaben der Küchen passt, die sich wünschen, regionale Schwemmen, die zum Menüplan passen, gut integrieren zu können.

Mit Blick auf die Lieferung sind Mindestbestellwerte wichtig, damit sich Kommissionierungen und Transporte lohnen. Sie würden ebenfalls die Bündelung von Fahrten bevorzugen, benötigen dafür aber eine gewisse Planbarkeit und Zuverlässigkeit. Hier gibt es auch eine Reihe von Sorgeen, die ernst genommen werden müssen. So fahren heute viele lieber selbst ihre Ware aus, weil sie dann sicher sein können, dass die Ware in dem gleichen Zustand, wie sie den Hof verlassen hat auch bei den Kund:innen ankommt, und weil der direkte Austausch mit den Kund:innen besser möglich ist. Lösungsansätze müssen diese Vorbehalte ausräumen können.

Von der Digitalisierung versprechen sich Erzeuger:innen die Abbildung von Warenströmen und eine bessere Bündelung von Transporten. Eine Anforderung dafür wäre die Möglichkeit, Transport- und Lagerbedarfe sowie-kapazitäten einfach und schnell digital kommunizieren und buchen zu können.

Es wurde jedoch auch angemerkt, dass sich der Aufwand nicht vergrößern darf. Manche fürchten, dass Digitalisierungsangebote nichts verbessern, solange die Politik nicht dafür sorgt, dass mehr regionale bzw. Bioware produziert wird, bzw. dass die Digitalisierung nicht zu mehr Flexibilität führt bzw. diese eher bremst. Digitale Hilfen brauchen politische Leitplanken.


Was brauchen Bündler:innen, Logistiker:innen & Händler:innen, um die Ware regional zu transportieren & das Fahrzeug auszulasten?

Auch Bündler:innen, Logistiker:innen und Händler:innenmöchten keinen großen Extraaufwand. Sie benötigen Unterstützung bei der Tourenzusammenstellung und bei der Verbesserung der Auslastung im Transport.

Die Abwicklung der Bestellung bis zur Auslieferung sollte komplett digital abgebildet werden können, inkl. sämtlicher Dokumente und Vorschriften.

Zeitfenster und Liefertouren sollten miteinander gematcht werden, um starke Schwankungen bzw. Leerfahrten und lange Extrafahrten vermeiden zu können. Zeitfenster müssen nach einem bestimmten System vergeben werden, um keine Erwartungen seitens der Küchen zu wecken, die die Bündler:innen nicht erfüllen können (Kosten-Nutzen einhalten).

Vorhandene bzw. entstehende Depots, Umschlagplätze sowie deren Auslastungsgrade und Transportkapazitäten anderer Bündler:innen und Logistiker:innen sollen sichtbar gemacht werden. Eine hohe Relevanz kommt auch der Rechtssicherheit und Haftungsfrage zu. Verantwortlichkeiten, auch bei möglichen Ausfällen entlang der Wertschöpfungskette, müssen im gesamten Prozess deshalb klar definiert sein.

Die Quintessenz

Wir wissen, dass sich viele Großküchen einen besseren Zugang zu regionalen Lebensmitteln wünschen und sich eine enge Anbauabstimmung mit den Erzeuger:innen vorstellen können. Sie können sich vorstellen, ein digitales Hilfsmittel zu nutzen, um leichter und besser regionale Ware zu beschaffen. Allen Akteursgruppen ist dabei Transparenz, eine gute Kommunikation und Vertrauen wichtig. Dafür sind auch rechtssichere Prozesse erforderlich, die für alle nachvollziehbar sind.


Offen für Neue Logistikkonzepte?

Wir wollten zusätzlich wissen, ob neue Logistikkonzepte für die Teilnehmenden regionaler Wertschöpfungsketten von Bedeutung sind, wie Minidepots oder Hubnetzwerke oder die Abholung durch Küchen an Hubs, um Logistikkosten zu sparen (die auf der letzten Meile besonders kostenintensiv sind). Diese von uns in die Befragung eingebrachten Ideen wurden vor allem seitens der Küchen eher nicht aufgegriffen, daraus schließen wir, dass die klassischen Bestell- und Auslieferungswege ähnlich zu typischen Großhandelsprozessen relevanter und nachgefragter sind als neue Logistikkonzepte. Die Beschaffung regionaler Produkte muss für die Küchen ähnlich einfach werden, wie die Beschaffung über den Großhandel. Für Logistiker:innen, Bündler:innen und Erzeuger:innen ist eine bessere Auslastung bestehender Lager- und Transportmöglichkeiten durchaus relevant, denn so können Logistikkosten gesenkt werden.


So geht es weiter

Im nächsten Projektschritt konzentrieren wir uns sowohl auf die Entwicklung eines Marktes für regionale Logistik, um Transportkooperationen zu unterstützen, als auch auf die Möglichkeit, Sammelbestellungen und Sammelauslieferungen, um den regionalen Einkauf für Küchen einfacher zu gestalten. Ihr wollt den Marktplatz mitgestalten? So könnt Ihr mitmachen - Meldet Euch bei uns.


Wir freuen uns!

Euer LogRegio Team

Anna, Marita und Eva



Online-Umfrage & Umfragereport hier herunterladen





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